Ein wesentlicher Schwerpunkt des Projektes entfiel auf der genauen Berechnung und Prognose der Wirtschaftlichkeit einer ersten Demonstrationsanlage mit der genannten Leistung von 50 MW. Bei einem Dieselverkaufspreis an der Tankstelle um die 1,10 EUR pro Liter ist es ohne laufende Förderungen möglich diese Anlagen ohne finanzielle Verluste zu betreiben. Dies ist besonders vor dem Hintergrund der im Moment auslaufenden Ökostrom Einspeisetarife eine hoffnungsvolle Perspektive.
Ab einer Grenze zwischen 1500 und 3500 Volllaststunden Wind wird das Winddiesel Verfahren wirtschaftlicher, als eine konventionelle Premium-Diesel Anlage. Bei fortschreitenden Entwicklungsstand der Elektrolyse ist außerdem davon auszugehen, dass die Investitionskosten sinken werden.
Untersucht wurde auch die Varianten einer direkten Abwärmenutzung, bzw. der Verstromung, welche in diesem Maßstab am kostengünstigsten durch einen Dampfprozess durchgeführt werden kann. Zwischen 74 EUR und 105 EUR/MWh Einspeisetarif Strom lohnt sich die Investition in einen Dampfprozess.
Diese Ergebnisse basieren auf dreijährigen Recherchen bsi zum Jahr 2017. Es wurde danach getrachtet realistische Ergebnisse zu erzielen, d.h. keine allzu großen Sicherheiten einzubeziehen, aber doch auf der sicheren Seite zu sein. So wurde etwa ein Bezugspreis von Spitzenstrom in der Höhe von 25 EUR/MWh zugrunde gelegt, obwohl derzeit Erlöse bis zu 100 EUR/MWh dafür erzielt werden können. Es wurden zwei Varianten einer großtechnischen Anlage errechnet, eine für 50 MW und die andere für eine DFB-Anlage mit 200 MW Brennstoffwärmeleistung.
Ein Schwerpunkt lag auf der Ermittlung von aktuellen Marktpreisen für die Hauptprodukte-, verbraucher und sämtliche Positionen, welche eine solche Anlagen benötigen. Im Rahmen einer eigenen Erhebung wurden z.Bsp. die Kosten für die FT-Produkte erhoben und mit den Mitbewerbern verglichen. Es zeigte sich, dass die Kosten für die Dieselfraktion von 0,74€/l an der unteren Grenze und damit auf der sicheren Seite angesiedelt sind. Dies ist vergleichbar mit dem Marktpreis von HVO. Aufgrund der preislichen Unterschiede zwischen Diesel und Benzin von ca. 5% können für die Benzinfraktion Kosten von ca. 0,78€/l angenommen werden. Die Recherchen haben ergeben, dass für die Fischer-Tropsch Wachsprodukte ein durchschnittlicher Preis von mindestens 2 €/kg angenommen werden kann.
Der größte Unsicherheitsfaktor liegt bei der Ermittlung des Erlöses für den bei der Elektrolyse produzierten Sauerstoff. Während Sauerstoff in Flaschen für die Lebensmittelindustrie um ca. 4,5 €/Nm³ verkauft wird, ist unklar ob für den Sauerstoff einer Winddieselanlage an einem gewissen Standort überhaupt ein Abnehmer existiert. Auch dieser Parameter wurde schließlich auf der sicheren Seite angesiedelt.
Der mit Abstand größte Erlös wird durch den Verkauf der FT-Produkte erzielt. Der Wachsverbrauch wird aktuell mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von mehr als 2 Prozent p.a. prognostiziert. Wachse werden in einer Vielzahl von Produkten verwendet, einschließlich Verpackungen, Beschichtungen, Körperpflegeprodukte oder Kerzen. Wachse können auch zu synthetischen Schmiermitteln weiterverarbeitet werden. Für FT "harte" und "medium" Wachse gibt es eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. Nachfolgende Abbildung zeigt die FT-Wachsabnehmer nach Industriesektoren.
Kimberly L. Jensen, R. Jamey Menard, und Burton C. English, „Market Analysis for Fischer-Tropsch Waxes“. Department of Agricultural and Resource Economics, Institute of Agriculture, University of Tennessee.
Investitionskosten:
Benennung |
50 MW |
200 MW |
Einheiten |
Vergasungsanlage gesamt |
44.900.000 |
117.850.000 |
EUR |
FT Anlage Bandlast nur Syngas aus Vergasung |
41.750.000 |
109.600.000 |
EUR |
FT Anlage zus. Investitionen für 170% Durchsatz |
13.300.000 |
35.200.000 |
EUR |
Elektrolyse |
34.000.000 |
107.000.000 |
EUR |
Dampfprozess |
16.400.000 |
42.600.000 |
EUR |
Summe Investkosten |
150.350.000 |
412.250.000 |
EUR |
Mehrinvestition Winddiesel |
45,9% |
52,7% |
Basisszenario DFB+FT: Das Basisszenario stellt eine Dual Fluidised Bed Anlage dar, welche eine Fischer Tropsch Anlage speist. Die Gesamtinvestitionskosten dieser Variante sind naturgemäß am geringsten, weil die Fischer Tropsch Anlage so klein geschätzt wurde, wie es für Basislast ausreicht und keine Elektrolyseure, oder ein Dampfprozess vorhanden sind.
Anlagengröße |
50 MW |
200 MW |
Summe Investkosten |
€ 86.650.000 |
€ 227.450.000 |
Summe Jahresgewinn |
€ 3.876.600 |
€ 20.217.225 |
periodischer EBIT-ROI (jährl. Rückflüße/Gesamtinvest) |
4,5% |
8,9% |
Amortisationszeit [Jahre] |
11,2 |
5,6 |
Break-Even Dampfprozess: Führt man im detaillierten Wirtschaftlichkeitsberechnungsmodell einen Dampfprozess ein, können die Grenzkosten für den erzeugten Ökostrom bestimmt werden. Als Vergleichskriterium für den jeweiligen Break-Even Point wurden der ROI und die Amortisationszeit herangezogen. Diese geben die untere Grenze für diejenigen Erlöse an, ab denen es sich lohnt in einen Dampfprozess zu investieren:
Anlagengröße |
50 MW |
200 MW |
Grenzkosten erzeugter Ökostrom [EUR/MWh] |
61,50 |
69,00 |
Summe Investkosten |
€ 103.050.000 |
€ 270.050.000 |
Summe Jahresgewinn |
€ 4.603.600 |
€ 23.984.125 |
periodischer EBIT-ROI (jährl. Rückflüße/Gesamtinvest) |
4,5% |
8,9% |
Amortisationszeit [Jahre] |
11,2 |
5,6 |
Break-Even Winddiesel: In gleicher Weise können die Mindestanzahl an Volllaststunden für eine Winddiesel Anlage berechnet werden. Diese soll wirtschaftlicher sein, als die Basisvariante DFB+Fischer Tropsch, sonst macht die Investition aus ökonomischer Sicht keinen Sinn. Wie folgende Tabelle zusammenfassend darstellt sind zumindest 3.460 Volllaststunden notwendig, damit die systemtechnisch sinnvolle Variante Winddiesel konkurrenzfähig wird.
Anlagengröße |
50 MW |
200 MW |
Volllaststunden Elektrolyse pro Jahr |
3.460 |
4.430 |
Summe Investkosten |
€ 150.350.000 |
€ 412.250.000 |
Summe Jahresgewinn |
€ 6.723.751 |
€ 36.643.188 |
periodischer EBIT-ROI (jährl. Rückflüße/Gesamtinvest) |
4,5% |
8,9% |
Amortisationszeit [Jahre] |
11,2 |
5,6 |
Parametervariationen:
Ausgehend von diesem Basisszenario wurdne zahlreiche Parametervariationen durchgeführt.
Erlös Sauerstoff: Die ökonomische Sinnhaftigkeit des Winddiesel Prinzips hängt von mehreren Randbedingungen ab, wie dem Erlös des produzierten Sauerstoffs, oder den Investitionskosten des Elektrolyseurs. Folgende Abbildung zeigt die erforderlichen Volllaststunden, ab welchen es sich rechnet das Winddiesel Konzept anzuwenden. Diese Parametervariation verdeutlicht, dass die Annahme des geringen Erlöses für den produzierten Sauerstoff die Wirtschaftlichkeitsberechnung auf der sicheren Seite ansiedelt. Andererseits zeigt die relativ stark abnehmende Anzahl an erforderlichen Volllaststunden bei höheren Erlösen für Sauerstoff, dass der Verkauf des produzierten Sauerstoffs einen deutlichen Standortfaktor darstellt.
Investitionskosten Elektrolyseur: Je höher die Investitionskosten in den Elektrolyseur sind, desto höher müssen die Volllaststunden des Winddiesel Prozesses sein.
Brennstoffpreis: Der Einfluß des Brennstoffpreises auf die Wirtschaftlichkeit wird in folgender Abbildung dargestellt. Bei Brennstoffpreisen unter 15 EUR/MWh ist davon auszugehen, dass es sich um Brennstoffe niedrigerer Qualität handelt, darüber wird es sich sehr wahrscheinlich um Biomasse handeln. Insofern ist der Bereich unter 15 EUR/MWh am jeweiligen Standort zu prüfen. Brennstoffe minderer Qualität können nämlich Anpassungen in der Anlagentechnik erfordern, wie z.Bsp. Fördertechnik, Gasreinigung, usw. In diesem Fall würden sich die Invest- und evtl. auch Betriebskosten ändern, was wiederum die Wirtschaftlichkeit verschlechtern würde.
Preis Fischer-Tropsch Wachse: Die Verteilung der Fischer Tropsch Fraktionen kann in relativ großen Bereichen durch Selektion des Katalysators beeinflusst werden. Der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wurde eine realistische Verteilung zur Produktion von Wachsen und Diesel zugrunde gelegt. Eine weitere Verschiebung in Richtung Wachse ist noch möglich, was auf Basis der aktuellen Marktsituation auch empfehlenswert ist. Folgende Abbildung zeigt die Auswirkungen des FT-Wachspreises auf die Wirtschaftlichkeit. Daraus wird deutlich, dass geringere erzielbare FT-Wachspreise eine deutliche Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit zur Folge hätten. Derzeit werden zwar vor allem für FT-Wachse, welche aus biologischen Rohstoffen hergestellt werden, bzw. weitgehend CO2 neutral produziert werden, höhere Preise als 2 EUR/kg erzielt, allerdings muss dieser Risikofaktor bei der Umsetzung berücksichtigt werden. Bei geringeren Preisen stellt die Implementierung einer Hydrotreating Einheit in den Winddieselprozess eine Rückfallvariante dar. Falls die FT-Wachspreise zu stark fallen können die FT-Wachse mittels einer Hydrotreating Einheit vollständig in Diesel umgewandelt werden. Der Preis für Diesel ist in der vorliegenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung gering angesetzt worden und es ist daher davon auszugehen, dass diese Erlöse auch langfristig stabil bleiben. Diese Möglichkeit würde also Verluste verhindern, falls die FT-Wachspreise in den Keller fallen sollten.
Preis Überschuß-, bzw. Spitzenstrom: Wie der Bericht Spitzenstrom gezeigt hat sind negative Preise für Strom aus fluktuierenden Quellen, wie Solar-, oder Windenergie mittelfristig nicht mehr zu erwarten. Zu Beginn des Betriebes einer Winddiesel Anlage können damit aber wahrscheinlich durchaus Gewinne erzielt werden. Folgende Abbildung zeigt, dass der Einfluß des Strompreises signifikant ist und geringe oder negative Preise die Wirtschaftlichkeit sehr positiv beeinflussen.